Plötzlich Blasenschwäche – brauch ich Hilfe?

Egal ob Frau oder Mann, mit 20 oder mit 60 Jahren, plötzlich betrifft es dich: „Habe ich Blasenschwäche?“ Wir wissen: Es ist nicht leicht, darüber zu reden, weil unsere Gesellschaft Blasenschwäche zum Tabuthema macht. Aber: Es gibt keinen Grund, sich zu schämen. Also, Krönchen grade rücken, Mut anlesen und Hilfe bei den richtigen Stellen suchen – los geht’s!

Disclaimer: Dieser Artikel dient nur der Information und ersetzt in keinem Fall ein Gespräch mit einem Facharzt oder Experten. Im Fall von akuten Beschwerden bitte einen Arzt aufsuchen.

Diese Fragen beantworten wir:

Dranginkontinenz, Belastungsinkontinenz und Co. – viele Begriffe, große Verwirrung

Blasenschwäche wird auch Harninkontinenz oder Urininkontinenz (lat. Incontinentia urinae) genannt. Es bezeichnet den ungewollten Abgang von Urin zwischen den Toilettengängen. Die Ursachen sind sehr vielfältig und können z.B. sensorisch, muskulär oder hormonell bedingt sein. Man unterscheidet zwischen den folgenden Inkontinenzformen. Sie werden abhängig vom abgehenden Urinvolumen in verschiedene Schweregrade eingeteilt werden:1

  • Dranginkontinenz: Dieser Form der Blasenschwäche liegt ein neuronales Problem zugrunde. Unabhängig davon, wie voll die Blase ist, spüren Betroffene einen plötzlichen starken Harndrang. Die Blase zieht sich dadurch unwillkürlich zusammen. Es kommt zu einem plötzlichen kompletten Urinabgang.
  • Belastungsinkontinenz: Ein geschwächter Beckenboden ist die Ursache für die Belastungsinkontinenz, die man auch „Stressinkontinenz“ nennt. Die Beckenbodenmuskeln sind nicht mehr in der Lage, die Harnröhre richtig zu verschließen. Deshalb geht der Urin bei körperlicher Belastung wie beim Husten, Niesen, schweren Heben, Springen etc. tröpfchenweise ab.
  • Reflexinkontinenz: Der Reflexinkontinenz liegt ein neuronales Problem zugrunde. Sie ist angeboren oder kann durch Krankheiten entstehen. Betroffene nehmen den Harndrang schlecht oder gar nicht wahr und verlieren deshalb ungewollt Urin.
  • Überlaufinkontinenz: Bei dieser Störung entleert sich die Blase beim Toilettengang nur teilweise, sodass immer eine Restmenge Urin in der Blase zurückbleibt. Ist diese überfüllt, läuft der Urin unwillkürlich ab.

Diese Formen der Harninkontinenz können einzeln und gemischt auftreten und sind in der Regel gut behandelbar. Sprich mit deiner Hebamme oder Frauenärztin, bzw. deinem Urologen darüber. Niemand wird dich belächeln.

Was sind Ursachen für Blasenschwäche?

Blasenschwäche kommt in Deutschland so häufig vor, dass sie in einem Atemzug mit Diabetes oder Bluthochdruck als Volkskrankheit genannt wird. Aktuelle Schätzungen gehen von rund 9 Millionen Menschen in Deutschland aus.1 Experten vermuten zudem eine hohe Dunkelziffer.

Hol dir frühzeitig Hilfe, auch bei ersten Anzeichen. Blasenschwäche kann emotional sehr belastend werden.

Blasenschwäche bei Frauen ist die am weitesten verbreitete chronische Krankheit. Sie tritt häufig im Alter auf – aber auch junge, sportliche Frauen sind betroffen. Insgesamt ist rund jede vierte Frau in Deutschland inkontinent und damit häufiger betroffen als Männer.2 Die Deutsche Kontinenzgesellschaft geht sogar von jeder dritten Frau aus. Dabei gibt es eine Vielzahl an Faktoren, die eine Blasenschwäche begünstigen können:

  • Schwangerschaft & Geburt
  • Hormonelle Einflüsse während der Wechseljahre
  • Krankheiten
  • Harnwegsinfekte
  • Operationen
  • Medikamente

Schwangerschaft und Geburten

Während der Schwangerschaft wird der Beckenboden einer echten Belastungsprobe unterzogen. Er muss ein stetig zunehmendes Gewicht tragen. Gleichzeitig bewirken bestimmte Schwangerschaftshormone, dass die Beckenbodenmuskulatur weicher und nachgiebiger wird, um diese auf die Geburt vorzubereiten. Durch die Geburt kann es zu einer weiteren Schwächung der Beckenbodenmuskulatur bzw. zu (vorübergehender) Nervenschädigung kommen, die eine Blasenschwäche zur Folge haben.3 Studien kamen zu dem Ergebnis, dass insbesondere vaginale Geburten signifikant mit Stressinkontinenz in Verbindung gebracht werden.4 Aber auch bei einem Kaiserschnitt kann es aufgrund der Belastung während der Schwangerschaft zu Blasenschwäche kommen.5

Schwangerschaft und Geburt stellen eine große Belastungen für den Beckenboden dar.

Hormonelle Einflüsse während der Wechseljahre

Bei Frauen, die sich in den Wechseljahren (Klimakterium) befinden, kommt es zu einer Hormonumstellung im Körper. Dies hat eine Verdünnung des Gewebes zur Folge was wiederum eine Blasenschwäche begünstigen kann.1

Krankheiten

Auch Krankheiten können zu einer Harninkontinenz führen. Diabetes mellitus, Schlaganfälle, oder neurologische Erkrankungen, wie Multiple Sklerose sind Beispiele dafür. Auch einige Lungenerkrankungen erhöhen das Risiko einer Blasenschwäche. Das Husten ist nämlich eine chronische Belastung für den Beckenboden.2

Harnwegsinfekte

Harnwegsinfekte sind häufig mit dem Harndrang verbunden. Bei sehr ausgeprägten Fällen kann eine Infektion auch zu einer Dranginkontinenz führen.2   

Operationen (Gebärmutterentfernung)

Die Gebärmutterentfernung6 bei Frauen und die Prostataentfernung7 bei Männern können als Nebenwirkung eine Blasenschwäche bedingen. Lass dich aus diesem Grund vor der Operation genau von deinem Arzt beraten.   

Medikamente

Verschiedene Medikamente können zu Blasenschwäche führen. Besonders betroffen sind dabei ältere Menschen. Sie nehmen oft verschiedene Medikamente ein und sind dadurch gleich mehreren Einflussfaktoren ausgesetzt.8

Wie beeinflusst die Lebensweise das Risiko für Blasenschwäche?

Hättest du gedacht, dass auch Blasenschwäche eine Folge einer ungesunden Lebensweise sein kann? Zum Beispiel kann (beruflicher) Stress Blasenschwäche begünstigen. Noch ein Grund mehr für dich, dir zwischendurch Pausen zu gönnen und auf den richtigen Ausgleich zu achten.

Diese Lebensweisen können Blasenschwäche begünstigen:

  • falsches, schweres Heben
  • schlechte körperliche Fitness
  • falsches Toilettenverhalten
  • starkes Übergewicht

Schweres Heben und Fitnesslevel

Auch körperliche Anstrengung, wie z.B. schweres Heben führt nicht nur zu Rückenbeschwerden, sondern schwächt auch den Beckenboden. In extremen Fällen kann das somit zu Harninkontinenz führen. Ganz auf Sport solltest du aber auf keinen Fall verzichten, denn zu geringe körperliche Fitness ist ebenfalls nicht gut für den Beckenboden. In diesem Fall zählt: Alles im richtigen Maße!   

Eine Toilette in der Nähe gibt Sicherheit bei Blasenschwäche

Falsches Toilettenverhalten

Auch ein falsches Toilettenverhalten kann sich ungünstig auswirken. Folgende Punkte sollten auf der Toilette vermieden werden:2

  • Starkes Pressen: Starkes Pressen führt zu einer vorübergehenden Absenkung des Beckenbodens. Langfristig stellt dies eine enorme Belastung für den Beckenboden dar. Vor allem bei chronischer Verstopfung wird oft versucht stark zu pressen, sodass auch diese vermieden werden sollte.
  • Regelmäßigkeit der Toilettengänge: Durch zu häufiges Aufsuchen der Toilette kann es zu einer Verringerung der Blasenkapazität kommen. Seltene Toilettengänge bewirken genau das Gegenteil und führen zu einer chronischen Überdehnung der Blasenwand.  

Abhängig vom Trinkverhalten kannst du von 5 bis 7 Toilettengängen zur Blasenentleerung pro Tag ausgehen. Dabei scheidest du in der Regel 1,5 bis 2 Liter Urin aus.2

Übergewicht und Blasenschwäche

Neben Stress, körperlicher Belastung und falschem Toilettenverhalten zählt auch starkes Übergewicht zu den möglichen Ursachen.9 Durch das erhöhte Gewicht kommt es zu einer chronischen Druckerhöhung auf den Beckenboden. In Folge von weiteren Belastungen, wie z.B. Husten, wird der Beckenboden zunehmend geschwächt.

Inkontinenz nach der Geburt – ist das normal?

Wie bereits oben beschrieben, ist der Beckenboden aufgrund von Schwangerschaft und Geburt einer enormen Belastung ausgesetzt. Häufig tritt die Belastungsinkontinenz im letzten Schwangerschaftsdrittel auf. Viele Frauen leiden auch direkt nach der Geburt an Blasenschwäche. Diese verschwindet aber in der Regel innerhalb von einem Jahr. Besteht bei Frauen schon vor der Schwangerschaft eine Belastungsinkontinenz, so haben diese auch nach der Geburt ein höheres Risiko dauerhaft betroffen zu sein.2

Mach dir keine Sorgen: Eine Blasenschwäche nach der Geburt verschwindet in der Regel innerhalb von einem Jahr. Fühlst du dich dennoch unsicher, sprich mit deinem Arzt oder deiner Hebamme darüber.

Kann man Blasenschwäche vorbeugen?

Ein gesunder Lebensstil ist das A und O für die Gesundheit, so auch für den Beckenboden. Genügend Pausen, Vermeidung von chronischem Stress und die Reduktion von Übergewicht können schon vieles bewirken. Auch mit dem richtigen Toilettenverhalten kannst du positives beitragen.

Ein angemessenes Maß an körperlicher Aktivität ist wichtig, damit es zu keiner Beckenbodenschwäche kommt. Somit kannst du mit regelmäßigem und beckenboden-schonendem Sport deinem Beckenboden etwas Gutes tun. Körperliche Überbelastungen, z.B. das Heben von schweren Lasten, sollten vor allem in empfindlichen Phasen des Zyklus, z.B. während der Regelblutung, vermieden werden. So gibt du auch im Alltag auf deinen Beckenboden acht und mutest ihm nicht zu viel zu.2

Das richtige Maß an körperliche Aktivität ist für den Beckenboden wichtig um ihn zu stärken und Blasenschwäche vorzubeugen.

Beckenbodentraining und Blasenschwäche

Wenig überraschend, aber gerne vernachlässigt wird ein geeignetes Beckenbodentraining. Es ist wohl manchmal einfach zu gemütlich auf der Couch. Nicht nur ältere Frauen sollten ihren Beckenboden vorbeugend trainieren. Auch junge Frauen können z. B. auch als Vorbereitung zur Schwangerschaft und zur Geburt den Beckenboden auf die bevorstehende Belastung vorbereiten. Werden zudem vor allem sitzende Tätigkeiten verrichtet, freut sich der Beckenboden durch gezieltes Training über ein wenig Aufmerksamkeit.


Über 8-12 Wochen zeigen wir dir in unserem Kurs Schritt für Schritt, wie du lernst, deinen Beckenboden anzusteuern. Schnupper jetzt kostenlos rein. Von Krankenkassen bezuschusst!

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Eine gesunde Lebensweise und ein gezieltes Beckenbodentraining hin oder her – die erste Vorbeugung vor Blasenschwäche ist die Aufklärung. Über Harninkontinenz Bescheid zu wissen und das Gefühl zu haben, offen und ehrlich darüber sprechen zu können, sind schon einmal die ersten wichtigen Schritte. Nur so sind wir Frauen über mögliche Belastungen und Folgen informiert und können gezielt unseren Alltag gestalten.  

Wird ein abwertender Umgang mit dem Thema vermieden, können wir uns nicht nur vorbeugend dem Beckenboden widmen, sondern auch betroffenen Frauen die Chance geben neues Selbstvertrauen zu gewinnen.

Was tun bei Blasenschwäche?

Es gibt viele Dinge auf die wir acht geben können und trotzdem sind wir nicht davon gefeit einmal für kurze oder längere Zeit an Blasenschwäche zu leiden. Aber wenn es so weit ist – was macht frau dann?  

Möchtest du dir bei Blasenschwäche Hilfe holen, unterstützt dich dein Arzt.

Im ersten Schritt ist eine genaue Abklärung wichtig. Dies muss nicht immer eine medizinische Untersuchung sein, sondern ein umfassendes Anamnese-Gespräch kann schon einmal helfen. Gynäkologen und Urogynäkologen sowie speziell ausgebildete Beckenbodentherapeuten, die sowohl in Praxen als auch in Beckenbodenzentren tätig sind, können hier die erste Anlaufstelle sein. Gemeinsam kann der Typ der Blasenschwäche und der Schweregrad festgestellt werden. Eventuell musst du auch ein Trink- und Blasentagebuch bzw. Miktionskalender führen, um eine zuverlässige Einschätzung deiner Beschwerden zu bekommen.1,2,10

Das Trink- und Blasentagebuch wird nicht nur zur Diagnostik eingesetzt. Es hilft auch später den Erfolg der Therapie beurteilen zu können.2

Bei Dranginkontinenz können neben therapeutischer Maßnahmen auch Medikamente helfen, auf die aber nicht im ersten Schritt zurückgegriffen werden sollte.2 Um hier sicher zu gehen, berät dich dein Arzt genauer und bespricht mit dir, ob eine Einnahme sinnvoll ist. Auch eine Operation wird erst angedacht, wenn konservative Therapieformen nicht zum gewünschten Ziel führen.

Brauche ich Inkontinenzhilfsmittel?

Vor allem bei mittlerer und schwerer Inkontinenz sind Inkontinenzhilfsmittel wichtig. Sie helfen Hautschäden und -irritationen vorzubeugen. Eine gute Versorgung mit aufsaugenden Inkontinenzhilfsmittel (z.B. Einlagen, Windeln etc.) kann helfen, am sozialen Leben teilnehmen zu können.2,10 Ein Arzt oder eine Kontinenz-Fachkraft bieten hier genau die richtige Unterstützung. Durch die individuelle Beratung können unterschiedliche Hilfsmittel getestet werden! Dann ist das passende Hilfsmittel auch schnell gefunden.

Es gibt eine Vielzahl an Inkontinenzhilfsmitteln – von Harnröhrenstöpsel wird aber abgeraten. Bei längeren Gebrauch kommt es fast immer zu Infektionen und Beschädigungen der Harnröhre.2

Zitate

1 Deutsche Kontinenz Gesellschaft (2017). Harn- und Stuhlinkontinenz (Blasen- und Darmschwäche). Frankfurt am Main: Deutsche Kontinenz Gesellschaft.

2 Niederstadt, C. & Gaber, E. (2007). Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 39. Harninkontinenz. Robert Koch Institut.

3 Tanzberger, R., Kuhn, A., Möbs, G. & Baumgartner, U. (2013). Der Beckenboden –
Funktion, Anpassung und Therapie. München: Der Urband & Fischer Verlag.

4 Rortveit, G., Hannestad, Y.S., Daltveit, A.K. & Hunskaar, S. (2001). Age- and Type-Dependent Effects of Parity on Urinary Incontinence. Obstetrics & Gynecology, 98(6).

5 Tracke, L. & Stüwe, M. (2013). Wochenbett- und Rückbildungsgymnastik. Stuttgart: Hippokrates Verlag.

6 Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales (2001). Frauengesundheitsbericht Bremen. Bremen: Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales.

7 Kirschner-Hermanns, R. & Anding, R. (2014). Konservative Therapie der Harninkontinenz beim Mann. Der Urologe. (53) 333-338, Berlin Heidelberg: Springer-Verlag.

8 Becher, K., Bojack, B., Ege, S., Von der Heide, S., Kirschner Hermanns, R. & Wiedemann, A. (2019). Leitlinie Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten, Diagnostik und Therapie. Witten: Deutsche Gesellschaft für Geriatrie.

9 Hannestad, Y.S., Rortveit, G., Daltveit, A.K. & Hunskaar, S. (2003). Are somking and other lifestyle factores associated with female urinary incontinence? The Norwegian EPINCONT Study. BJOG: An International Journal of Obstetrics and Gynaecology.

10 Dannecker, C., Friese, K., Stief, C. & Bauer, R. (2010), Harninkontinenz der Frau. Deutsches Ärzteblatt (107/24).

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