Divo G. Müller beim Training mit dem Ball

Der Beckenboden und seine Faszien – Interview mit Divo G. Müller

Enthält Produktplatzierungen – Divo G. Müller ist eine Münchner Heilpraktikerin und Körpertherapeutin, die zu den Vorreiterinnen moderner Bewegungsprogramme gehört. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit dem Thema Beckenbodentraining. Sie ist bekannt durch Publikationen, DVDs sowie Funk und Fernsehen und ist außerdem eine gefragte Referentin im In- und Ausland. Im Fokus dieses Beitrags: der Beckenboden und seine Faszien.

Bereits 1995 hat Divo G. Müller das Bewegungskonzept Bodybliss® entwickelt, ein sinnliches Körpertraining für Frauen. Bei diesem Training steht die Kraft von Eros und damit auch des Beckenbodens im Zentrum. Divo war durch die langjährige Zusammenarbeit mit dem führenden Faszienexperten Dr. Robert Schleip maßgeblich an der Entwicklung des weltweit erfolgreichen Trainingsprogrammes Fascial Fitness® beteiligt. Dieses Programm steht unter dem Motto „Aus der Wissenschaft für den Menschen”. Divo entwickelte dabei topaktuell aus den aktuellen Erkenntnissen der internationalen Faszienforschung das Faszientraining Beckenboden.

Interview mit Divo G. Müller 

Wir von pelvina haben Divo in ihrem Bodybliss®-Studio im Herzen Münchens besucht und uns mit ihr über den Beckenboden und die Faszien unterhalten. Es wurde darüber gesprochen wie wichtig es ist, dass wir das vergessene kollagene Netzwerk wieder in das Beckenbodentraining zurückholen und warum es nicht nur um’s gezielte Kräftigen, sondern auch um’s Spüren und um ein Wahrnehmungs-Training geht.

Was fasziniert Dich besonders am Beckenboden?

Faszinierend am Beckenboden finde ich, dass seine Aktivität, im Gegensatz zu den großen Muskelgruppen des Rückens oder der Beine, von außen nicht zu sehen ist. Es handelt sich um einen intimen, inneren Bereich. Einen Ort der Kraft und der Verletzlichkeit zugleich. Dieses myofasziale Netzwerk ist für unterschiedliche Aufgaben zuständig und vereint große Gegensätze.

So kann ein gesunder Beckenboden öffnen und schließen, halten und loslassen.

Bei der Geburt dehnen die Fasern sich um das Vielfache aus und geben dem Baby den Weg in die Welt frei – unter großen Schmerzen. In der körperlichen Liebe wiederum sorgen die rhythmischen Kontraktionen beim Orgasmus für die höchsten Glücksgefühle.

Spannend finde ich, dass die Yogis seit Jahrhunderten um die besondere Bedeutung des Beckenbodens wussten. Mula Bandha bezeichnet ein wichtiges Energiezentrum, das Wurzelchakra. Die Anatomie gibt den großen Meistern jedenfalls Recht. Speziell im Damm, dem Perineum, bündeln sich die Fasern aus allen Beckenbodenschichten und verweben sich zu einer kräftigen, kollagenen Zentralsehne.

Der Damm ist also nicht nur energetisch, sondern auch strukturell ein faszialer Kraftplatz.

Was haben Faszien mit dem Beckenboden zu tun?

Faszien sind im Beckenboden allgegenwärtig und in unterschiedlichen Ausprägungen zu finden. So wie im übrigen Körper auch, ist jede einzelne Muskelschicht im Beckenboden in eine fasziale Hülle verpackt. Die einzelnen Muskelschichten wiederum sind im gesunden Beckenboden über lockeres Bindegewebe gleitfähig untereinander verbunden. Außerdem gibt es Strukturen, die ausschließlich über eine fasziale Vernetzung die gesunde Funktion im Beckenboden garantieren.

Ein gesunder Beckenboden sollte wie ein straff gespanntes inneres Trampolin sein.

Beim Älterwerden oder durch Bewegungsmangel verändert sich die Struktur der Kollagenfasern jedoch. Diese werden spröde, verkleben miteinander, „verfilzen“ und verlieren dadurch an Spannkraft. Statt eines straff gespannten inneren Trampolins, das Belastungen kraftvoll und elastisch abfedert, wird der Beckenboden im Laufe der Zeit zur ausgeleierten und spröden „Hängematte“. Muskeltraining hilft hier nur bedingt weiter, denn die Faszien benötigen spezifische Trainingsreize, um ihre Sprungfeder-ähnliche Dynamik zurückzugewinnen.

Warum sollten Frauen ihrem Beckenboden mehr Aufmerksamkeit schenken?

Vor einigen Jahren haben die Bewegungswissenschaften die Bedeutung des muskulären Beckenbodens für die Rumpfstabilität und Rückenstärke belegt. Bekannt ist auch, dass dieser zum Beispiel nach einer Prostata-Operation oder nach einer Geburt wieder behutsam aufgebaut werden muss.

Der Beckenboden bietet jedoch mehr, denn er bildet die Feuerstelle für erotische Kraft und sexuelle Energie. Dieser Aspekt wird in unserer von Effizienz und Ehrgeiz geprägten Körper-Kultur nach wie vor vernachlässigt und im Training selten angesprochen. In diesem Sinne ein recht treffendes Zitat aus meinem Buch Bodybliss – das Glück im Körper finden:

„Brave Mädchen kommen in den Himmel, böse kommen überall hin. Vor allem in die sinnliche Kraft des eigenen Beckens. Landen im Ursumpf ihrer eigenen Wonnen und lernen die kulturelle Spreu der verneinten sexuellen Kraft vom Segen der Leben spendenden körperlichen Freuden zu trennen. Frauen reifen so zu lebenslustigen, ekstatischen Früchtchen.“

Was zeichnet ein modernes fasziales Beckenbodentraining aus?

Der deutlichste Unterschied zum konventionellen Training liegt in der federnden Dynamik. Weg von statischen Haltepositionen und hin zu abwechslungsreichen Belastungen, um die elastische Widerstandskraft der Beckenbodenfaszien zu steigern.

Um das zu erreichen, setzen wir im faszialen Beckenbodentraining gezielt das Federn, Wippen und Springen ein und laden die Sprungfeder-Kapazität der Beckenbodenfaszien gezielt auf. Dafür haben wir eigens einen Gewichtsball und ein Übungsprogramm entwickelt und wenden zusätzlich explosive Ausatemlaute an. Hierbei wird über die Spannung des Zwerchfells und die sogenannten „Powersounds“ das körpereigene, kollagene „Beckenboden-Trampolin“ stimuliert. Ein willkommener Nebeneffekt: Die Übungen sind kraftvoll, machen Spaß und sind ein Gute-Laune-Programm.

Es ist also sehr wichtig, sich aktiv mit seinem Beckenboden zu befassen und ihn zu trainieren. Gibt es dabei Grenzen?

Der Beckenboden kann durchaus aus dem Lot geraten. Einseitige Dauerbelastung, wie das z.B. im Leistungssport der Fall ist, nehmen uns die kollagenen Gewebe besonders übel. Wenn der Beckenboden über lange Zeit vorwiegend muskulär kontrahiert wird, besteht die Gefahr, dass er zu fest und unbeweglich wird.

Für willkürliche Daueranspannung ist diese Struktur einfach nicht konzipiert.

Das kann sogar dazu führen, dass das sensible neuromuskuläre Gleichgewicht aus dem Takt gerät und der Beckenboden seine Fähigkeit verliert, unter Belastung reflektorisch, also unwillkürlich, anzuspannen. Das kann zu Inkontinenz und unbeweglichen Hüftgelenken führen.

Ein zeitgemäßes Beckenbodentraining bezieht auch das Nachgeben und Lösen mit ein.

Hier setzen die behutsamen Dehnungen faszialer Ketten an, die für eine ausgewogene Spannung im Beckenboden sorgen und notwendig sind, um das Gewebe geschmeidig und flexibel zu halten. Sind die Faszien verklebt, können die Beckenboden Muskeln auch nicht funktionell arbeiten. Ein zeitgemäßes Beckenbodentraining trainiert also nicht nur lokal, sondern bezieht die in den Beckenboden vernetzten Spannungsketten, sowie das Dehnen, Nachgeben und Lösen gleichermaßen mit ein.

Was schwächt den Beckenboden und was kann ich ihm im Alltag Gutes tun?

Der Beckenboden ist für abwechslungsreiche, dynamische Belastungen angelegt. Bewegungsarmut und einseitige Dauerbelastung nehmen uns die kollagenen Gewebe besonders übel. Das reglose Sitzen auf Sitzmöbeln oder eine stundenlange Autofahrt, noch dazu mit rundem Rücken, bei der die Bauchorgane haltlos auf den Beckenboden drücken, sind schlichtweg schädlich. Artgerechte Beckenbodenhaltungen nehmen wir Menschen bei bodennahen Positionen ein:

  • Schneidersitz
  • Hocke
  • Langsitz

Ein einfacher und Beckenboden tauglicher Alltags-Tipp wäre: Zwischendurch runter vom Stuhl und für eine Weile in unterschiedlichen Schneidersitz Positionen am Boden arbeiten.

Warum ist es so wichtig, ein Gespür für den Beckenboden zu entwickeln und seine Funktion und Arbeitsweise verstehen zu lernen?

Das Wahrnehmen, Spüren oder innere Erleben ist eine Grundvoraussetzung, um den im inneren Becken gelegenen verborgenen „Schatz im Schoß“ zu bergen. Der Beckenboden bildet anatomisch einen Trichter. Dabei steigen die Ränder steil nach innen oben auf, der Dammpunkt hingegen liegt in der Basis und wesentlich tiefer. Das Wort „Boden“ kann für das Training irreführend sein, denn es handelt sich nicht um eine horizontale Matte, die den Beckenausgang abdichtet.

Um die Strukturen korrekt ansteuern zu können, ist das erlebte Verständnis des Beckenbodens als dreidimensionales Netzwerk wesentlich. Aber auch für eine erfüllte Begegnung in der körperlichen Liebe liegt im Verfeinern der Genussfähigkeit ein echter Segen. Hier führen Bewegungsbilder, lösende Atem- und Klangübungen und feine innere Bewegungen ins erlebte Körperglück.

Was gefällt dir gut an pelvina?

pelvina ist modern und zeitgemäß. Das zeigt sich in der ansprechenden Aufmachung und schlichtweg in der Tatsache, dass ich per App trainieren kann. Das wirkt zum Glück so gar nicht nach steriler Medizin und Dysfunktionalität, sondern vermittelt vielmehr eine lebensfreundliche Einladung im Sinne von „ich übernehme Fürsorge für mich und tue mir etwas Gutes.“

Die einzelnen Übungen sind gut verständlich aufbereitet und für Laien leicht nachzuturnen, inklusive der kleinen Lernzielkontrolle am Ende der jeweiligen Lektion. So können Frauen und Männer sich selbstbestimmt an dieses sensible Thema wagen und über die kompetente Anleitung mehr über ihren Körper und ihren Beckenboden erfahren.

Es würde mich nicht wundern, wenn das zusätzlich zu dem wichtigen Beitrag von pelvina in Bezug auf Kontinenz und Rückenstärke auch freudvolle Auswirkungen in deutsche Schlafzimmer bringen würde.

Vielen Dank für das Interview und alles Gute für all deine Projekte, liebe Divo!

Kontakt Divo G. Müller

Divo G. Müller Portrait
© Dr. Robert Schleip

 

 

 

 

 

 

 

 

Somatics Academy GbR
Divo Müller & Dr. Robert Schleip
Georgenstraße 22
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